Praktische Redewendungen und defektive Verben der dritten Person

Armin Hetzer/Zuzana Finger, Lehrbuch der vereinheitlichten albanischen Schriftsprache, Helmut Buske Verlag 2007, 26,80€
Monika Skibicki, Polnische Grammatik, Helmut Buske Verlag 2007, 39,80€

Ich habe hier zwei Bücher aus dem Buskeverlag vorliegen. Vielleicht sollte ich die nicht so in einem Abwasch behandeln, aber: Ich hab’s eilig. Ich stehe hier am Flughafen von Skopje. Mein Flugzeug geht gleich. Wie diese drei Sätze auf albanisch heissen, weiss ich leider nicht. Dafür aber bietet mir das Lehrbuch der vereinheitlichten albanischen Schriftsprache sogenannte “Praktische Redewendungen” an wie z.B. “Ich habe sehr zarte Haut, rasier nicht gegen den Strich”, oder “Muss ich es vorwaschen [gegen Einlaufen]?” Ich finde die sind garnicht so praktisch. Auch die vorgeschlagene Gesprächseröffnung “Ich höre, dass du ein Glas kalte Milch trinken willst” werde ich mir in dieser Form glaub ich nicht zu eigen machen, da sag doch lieber garnichts.
Das besagte Albanischlehrbuch bietet, abgesehen von den besagten praktischen Redewendungen, je eine Wortliste, ein Lesestück, grammatische Erläuterungen und reichlich Übungen pro Lektion, sowie Konjugationstabellen, Übersetzungen der Lesestücke und Schlüssel zu den Übungen in Anhang. Pro Lektion wird ein oder mehrere grammatische Phänome neu eingeführt und dann entsprechend gepaukt; so reiht sich z.B. im Lesestück Nr. 23 (”Hochzeit in Shkodra”) ein Trinkspruch an den anderen, damit dann auch ja der Optativ sitzt. Das alles ist ein wenig altbacken und hat wenig von den didaktischen Neuansätzen die viele andere Sprachlehrwerke aus dem Hause Buske auszeichnen. Grund dafür mag die Tatsache sein, dass es sich hier lediglich um eine Neubearbeitung eines im Jahre 1978 zum ersten Mal erschienen Lehrbuchs handelt. Die Neubearbeitung zeichnet sich “erstens durch die Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen gesellschaftlich-politischen Veränderungen, zweitens durch die Umstellung auf neue deutsche Rechtschreibung, […] drittens durch eine deutliche Kürzung” und viertens durch stylisches Layout aus, aber eindeutig nicht durch frische didaktische Ansätze. Auch die Siebzigerjahredidaktik wird nur unvollständig ausgeschöpft: so hätte z.B. ein grammatisches Sachregister und ein alphabetisches Vokabelverzeichnis den Gebrauchswert des Lehrbuches deutlich gesteigert. Die unentschlossene Herangehensweise, die klassische, morphologiefixierte grammatische Ansätze mit sprachführerhaften Redewendungslisten zu kombinieren sucht, ist auch nicht dat gelbe vom Ei. Trotz alledem glaube ich, dieses Lehrbuch ist das beste auf dem deutschsprachigen Markt erhältliche, und wenn sich nicht Buske selber entschließt, irgendwann mal statt einer weiteren Neubearbeitung ein ganz neu konzipertes Albanischlehrbuch auf den Markt zu bringen, wird es wohl vorerst auch das beste bleiben, und sei es nur aufgrund mangelhafter Konkurrenz.

Eine Nebenbemerkung gestatte ich mir noch: Aufmerksame Leser des napfes mögen sich erinnern, dass mein lieber Sigi vor einiger Zeit hier anlässlich der Besprechung einer Baskischgrammatik aus dem Hause Buske eine Kannonade über den Unsinn von Sätzen wie: “Die baskische Sprache ist eine der ältesten Sprachen Europas” – dem ersten Satz jener Grammatik – losgelassen hat. Und was muss ich jetzt auf S. 179 von Buskes Albanischlehrbuch lesen: “Shqipija është një nga gjuhët më të lashta të Evropës. – Das Albanische ist eine der ältesten Sprachen Europas.” Vielleicht beliebt es ja dem Helmut Buske Verlag uns gelegentlich mitzuteilen, welche europäische Sprache denn nicht eine der ältesten Europas ist?

Was ganz anderes ist jetzt aber die Polnische Grammatik aus dem selben Verlagshaus. Das ist doch mal wieder ein Meisterwerk aus einem Guss. Wegen sowas halten wir ja so große Stücke auf den Buskeverlag. In punkto Umfang und Vollständigkeit ist diese Grammatik nicht zu überbieten, selbst auf dem polnischen Buchmarkt wird es schwerfallen etwas Vergleichbares zu finden. Die Präzision der Beschreibungen und Erklärungen ist beeindruckend, dabei aber nie komplizierter als nötig. Eine hervorragende Idee ist das zweisprachige erklärende Glossar sprachwissenschaftlicher Termini im Anhang, das dem Leser nicht nur erläutert was genau z.B. ein nichtmotiviertes Wort ist (nämlich nicht, was Sie jetzt gerade denken), sondern auch, dass sowas auf polnisch wyraz niemotywowany heisst. Das ist doch töffte, denn in den exotische Fällen, in denen selbst diese hochdetailierte Grammatik nicht mehr weiterhilft, können, wenn überhaupt, höchstens noch Muttersprachler Rat geben, aber eben auch nur dann, wenn man weiss wie das auf polnisch alles heisst. Verbesserungsfähig wäre unter Umständen noch das Register, wo zwar fast alles drinsteht, aber gelegentlich schwer zu finden ist, weil aus irgendeinem Grunde z.B. “Genitivattribut” nicht unter “G” zu finden ist, sondern unter “S” wie “Satzglied”. Das hätte man ja auch anders machen können.