Versumpft

Sven Regener, Herr Lehmann, Eichborn Berlin, 36 DM,
Frank Goosen, Liegen Lernen, Eichborn Verlag, 39,80 DM

Zwei Autoren, die ähnlich alt sind und scheinbar ähnliches erlebt haben. Beziehungsweise die Figuren haben ähnliches erlebt. Und beide, also die Autoren, sind keine “gelernten” Schriftsteller, sondern haben ihren Bekanntheitsgrad anderen Tätigkeiten zu verdanken: Sven Regener ist hauptberuflich Sänger und Texter der Band Element of Crime, Frank Goosen war lange Zeit Hälfte von Tresenlesen und macht auch danach eigentlich in Kabarett. Und beide legen jetzt ihren jeweils ersten Roman vor. Herr Lehman kommt eigentlich aus Bremen, wohnt aber in Westberlin (was eine Rolle spielt, denn das Ganze handelt 1989) und wird bald dreißig. Und deswegen nennen ihn seine Freunde, die wie er entweder in Kneipen arbeiten oder anderweitig zum Inventar gehören, beim Nachnamen. Das geht ihm zwar auf die Nerven, wie er ausdauernd betont, aber wirklich dagegen tut er nichts. Wie er überhaupt nicht wirklich viel tut. Er verliebt sich kurzzeitig, prügelt sich manchmal, versumpft ein ums andere Mal und guckt seinem besten Freund Karl beim Verrücktwerden zu. Er bekommt Besuch von seinen Eltern, was ihn verunsichert, und wird zu einem Botengang in den Osten geschickt, was dem Buch seine lustigste Szene beschert, in der Herr Lehmann von Grenzbeamten der DDR verhört wird. Und dann passiert doch noch etwas, er muß Karl ins Krankenhaus bringen, sein Geburtstag beginnt und er fängt an sich zu besaufen, alleine, und dann fällt die Mauer, was er sich sympathisch desinteressiert anguckt. Und dann ist das Buch auch schon vorbei. Frank Goosens Held heißt Helmut und ist Anfang der Achtziger im Ruhrgebiet sechzehn Jahre alt. 300 Seiten später ist er neununddreißig und hat gerade so etwas wie eine verfrühte Midlifecrisis hinter sich gebracht. Zwischendrin lebt er so vor sich hin, macht einen Doktor in Geschichte und hat Probleme mit Frauen. Vor allem mit der einen Jugendliebe, der er ständig hinterhertrauert. Wegen der er sogar nach Berlin fährt, wo, Überraschung, gerade die Mauer gefallen ist. Ermüdend ist vor allem die Tatsache, daß außer den Frauengeschichten und ihrer ausgiebigen Reflexion nicht viel passiert. Einzelne Episoden sind in beiden Büchern lustig und auch der Erzählton ist durchweg angenehm, so daß man sich nicht langweilt, sondern die Bücher schnell und trotzdem entspannt durchlesen kann. Lektüre für den Sommer vielleicht, obwohl der jetzt vorbei ist, aber wenn’s draußen kalt ist macht drinnen Lesen ja auch Spaß.