“… da man auch ohne Ahnung ganze Bücher schreiben kann …”

Ist es nun eine verlegerische Kapitulation oder ein raffinierter ökonomischer Schachzug, fernsehbekannte Scherzkekse als Autoren zu binden? Wahrscheinlich beides. Besonders befremdlich ist es dabei allerdings, die so zustandegekommenen Büchlein tatsächlich mit der Aufschrift Sachbuch zu versehen. Dabei hat der Rowohltverlag vor Zeiten echte Sachbücher herausgegeben, z. B. rowohlts deutsche enzyklopädie, die im Untertitel angab, ihr Anliegen sei es, das Wissen des 20. Jahrhunderts im Taschenbuch mit enzyklopädischem Stichwort vorzustellen. Herausgegeben und verfasst von akademisch ausgewiesenen Fachleuten. Und jetzt rororo-Sachbücher von Dieter Nuhr, Bernhard Hoëcker oder Wigald Boning. Auch eine Aussage zum eigenen Anspruch und zu dem, was man dem Publikum zutraut. Aber meinetwegen, mag man sich denken, wenn der Fernsehkasper Erhellendes zu sagen hat, laß ihn halt. Und dann wirft man einen Blick auf das, was – und das ist noch weit bedauerlicher als die Verfasserschaft – als Sachbuchthema durchgehen soll. Wenn man ein Sachbuchprogramm betreibt – so stellt man sich das als Laie vor – hat man ein Thema, von dem man meint, es wäre reif, monographisch behandelt zu werden und sucht sich dann einen ausgewiesenen Fachmann, der etwas Qualifiziertes dazu zu sagen hat. Hier scheint eher der Wunsch bestanden zu haben, einen bekannten Namen auf dem Titel stehen zu haben – unabhängig davon, ob der Betreffende irgendetwas auch nur annähernd Substantielles zu sagen hat. Wozu auch immer. Das hat dann auch nichts mehr mit popular science zu tun, sondern nur noch mit dem Wunsch, mit der Popularität Geld zu verdienen, bevor sie sich wieder verflüchtigt haben wird.
So darf sich dann Bernhard Hoëcker geschlagene 300 Seiten lang über eine Trendidiotie verbreiten, die auf den Namen Geocaching hören würde, würde sie nur jemand rufen. Und während ich jetzt in dem dabei herausgekommenen Opus herumblättere um mich zu erinnern, warum ich alles darin Geschriebene unmittelbar nach der Lektüre – in Einzelfällen gar vor der Lektüre – wieder vergessen habe, fällt mir das von mir als Lesezeichen verwendete Blatt Klopapier in die Hände, das einerseits etwas über den geeigneten Lektüreort aussagt und das andererseits eine ähnlich gehaltvolle Lektüre geboten hätte. (Bernhard Hoëcker, Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers, rororo, 2007, 9,90 €)
Wigald Boning wird bei Rowohlt schon als Autor der Bücher zur Fernsehsendung ‘clever’ geführt (feilgeboten unter der Überschrift Die fröhliche Wissenschaft – Edutainment für Jung und Alt) und darf sich nun ebenfalls zu einem recht aufsehenentbehrenden Thema verbreiten (Bekenntnisse eines Nachtsportlers, rororo, 2007, 8,90 €). Auch dies will am besten in gekachelten Räumen wahrgenommen werden. Im Gegensatz zu Hoëcker allerdings kann Boning so schreiben, daß man nicht in vorauseilender Langeweile die Toilettenbesuche auf ein hart an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung vorbeischrammendes Mindestmaß reduziert.